Der 5 Jähriger Junge Maurice befuhr mit seinem Fahrrad den Fußgängerweg und stieß an einer Biegung mit einem älteren Herrn zusammen, der sich dabei verletzte. Der Bekannten, der mit dem Jungen zuvor auf dem Spielplatz war, ließ ihn allerdings unbegleitet vom Spielplatz fortradeln.
Der Verletzte nahm die Mutter wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Anspruch. Das OLG Koblenz (Urt. vom 24.08.2011 – 5 U 433/11) wies den Anspruch mit der Begründung zurück, ein 5-jähriges, auf dem Bürgersteig radelndes Kind müsse nicht derart eng überwacht werden, dass der Aufsichtspflichtige jederzeit eingreifen könne. Ebenso wenig müsse der Aufsichtspflichtige dafür sorgen, dass das Kind generell vor Biegungen des Gehwegs anhalte und dort verharre. Darüber hinaus sei ein Verstoß gegen die Pflicht, dem Kind auf Sicht- und Rufweite zu folgen, haftungsrechtlich unerheblich, wenn feststehe, dass ihre Beachtung den Unfall nicht hätte vermeiden können.
Insoweit sei es zwar geboten gewesen wäre, den Jungen nicht unbegleitet vom Spielplatz fortradeln zu lassen, sondern ihm zu folgen. Dies hätte indessen nicht in kurzem Abstand zu geschehen brauchen, weil sich Maurice – der Vorgabe des § 2 Abs. 5 StVO gemäß – auf einem Gehweg und damit in dem Bereich befand, in dem nicht mit eklatanten Gefahrensituationen zu rechnen war. Einem fast sechsjährigen Kind müsse Gelegenheit gegeben werden, sich eigenständig und unabhängig zu bewegen. Überdies sei Maurice mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut gewesen, und äußere Einflüsse, die ihn zu Unbedachtsamkeiten hätten verleiten können, wären nicht zu ersehen gewesen. Dass er die Wegstrecke im Auge zu behalten und Hindernissen auszuweichen hatte, brauche ihm nicht weiter nahe gebracht zu werden, weil zu erwarten gewesen sei, dass er in seinem Alter über die Einsichtsfähigkeit verfüge, schon im eigenen Interesse so zu handeln.
Für die Haftung wegen Verletzung der Aufsichtspflicht eines 5 Jährigen auf dem Gehweg fahrenden Kindes gilt:
Grundsätzlich – sofern das Kind mit den Örtlichkeiten vertraut ist – ist es ausreichend einen 5 Jährigen auf dem Gehweg so Fahrradfahren zu lassen, dass die Aufsichtsperson sich lediglich in Sicht- und Rufweite befindet.
Aber selbst wenn das nicht der Fall ist, scheide eine Haftung aus, wenn dieser auch dann nicht hätte verhindert werden können.
© Rechtsanwältin Pirko Silke Lehmitz