Der Arbeitnehmer war als Firmenkundenbetreuer beschäftigt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis mit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist und schied zum 31.März aus.
Zwischen den Parteien war eine Erfolgsvergütung auf der Grundlage einer individuell festgelegten Zielgröße vereinbart. Diese Erfolgsvergütung sollte nicht zur Auszahlung kommen, wenn der Mitarbeiter unterjährig durch Kündigung ausscheidet oder ihm bis zum Auszahlungstag das Arbeitsverhältnis gekündigt wird.
Das BAG hielt in seiner Entscheidung vom 12.04.2011 (1 AZR 412/09) diese Vereinbarung für unwirksam, weil der Anspruch auf eine im Synallagma stehende variable Erfolgsvergütung nicht davon abhängig gemacht werden könne, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Auszahlungstag außerhalb des Bezugszeitraums vom Arbeitnehmer nicht gekündigt werde.
Es begründete seine Entscheidung damit, dass gemäß § 611 Abs. 1 BGB der Arbeitgeber zur Erbringung der vereinbarten Gegenleistung verpflichtet sei, soweit der vorleistungsverpflichtete Arbeitnehmer seinerseits die ihm obliegende Arbeitsleistung erbracht habe. Die Auszahlung verdienten Entgelts sei daher nicht von der Erfüllung weiterer Zwecke abhängig. Bei der erfolgsabhängigen Vergütung handelt es sich um Arbeitsentgelt, das vom Arbeitnehmer durch die Erbringung einer Arbeitsleistung im Bezugszeitraum verdient werde und dessen Höhe von der Erreichung der mit ihm vereinbarten Ziele abhänge. Solche Vergütungsbestandteile, die vom Erreichen von persönlichen Zielen und dem Unternehmenserfolg abhängen, sind keine anlass- oder stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen des Arbeitgebers, sondern unmittelbare Gegenleistung für eine vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung, die dieser als Arbeitsentgelt für den vereinbarten Zeitraum erhalte.
Der Anspruch auf die variable Erfolgsvergütung entsteht mit Ablauf des monatlichen Leistungszeitraums. Sie werde in den einzelnen Monaten anteilig verdient, jedoch aufgespart und am vereinbarten Fälligkeitstag ausgezahlt.
Die Stichtagsregelung werde dem nicht gerecht. Sie entspricht in ihrer Wirkung einer auflösenden Bedingung, durch die dem vorleistungspflichtigen Arbeitnehmer der Anspruch auf die Gegenleistung rückwirkend entzogen werde, wenn dieser nach Ablauf des Geschäftsjahres, aber vor dem Auszahlungstag der variablen Erfolgsvergütung sein Arbeitsverhältnis selbst kündige.
Darüber hinaus sei die in der Stichtagsregelung enthaltene auflösende Bedingung auch deswegen unwirksam, weil sie die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers übermäßig beschränke und der gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht standhalte.
Die Vorenthaltung einer bereits verdienten Arbeitsvergütung sei aber stets ein unangemessenes Mittel, die selbst bestimmte Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern. Mit ihr seien Belastungen für den Arbeitnehmer verbunden, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen eines Arbeitgebers nicht zu rechtfertigen seien. .Für die dadurch bewirkte Bindung und die damit einhergehenden Belastungen für den Arbeitnehmer, der letztlich auf verdientes Entgelt verzichten müsse, um einen in seinem Interesse liegenden Arbeitsplatzwechsel unter Einhaltung der Kündigungsfristen vornehmen zu können, sei angesichts eines Interesses des Arbeitgebers an der Einhaltung von Betriebstreue, ohne hierfür eigene Aufwendungen erbringen zu müssen, unverhältnismäßig.
© Rechtsanwältin Pirko Silke Lehmitz