Stellt die Anlage von Stellplätzen auf einer Gemeinschaftsfläche, die einem Miteigentümer als Garten zugewiesen wurden, eine bauliche Veränderungen dar, die nur einstimmig getroffen werden kann?
Die Interessen von Wohnungseigentümern ändern sich sehr häufig mit der Zeit. Bei einem Mandat von mir waren alle Miteigentümer bis auf meine Mandantin inzwischen aus den Wohnungen ausgezogen und die Wohnungen wurden von den Miteigentümern vermietet. Das Interesse dieser Miteigentümer war naturgemäß allein darauf ausgelegt, eine hohe Mieteinnahme bei möglichst geringen Kosten zu erzielen.
Aus diesem Grund kamen zwei Miteigentümer auf die Idee, sie könnten in dem Garten ihren Teil, der ihnen vom Gemeinschaftseigentum als Garten zugewiesen wurde, in Stellplätze für Fahrzeuge umbauen und diese fremdvermieten. Meine Mandantin, deren Erdgeschosswohnung unmittelbar an diesen Teil des Gartens lag, war hiermit nicht einverstanden. Sie fürchtete zu Recht ein erhöhtes Verkehrsaufkommen von PKWs, die an ihrem Fenster vorbeifahren, nächtliches Türenschlagen und allgemein mehr Lärm.
Auf der Mitgliederversammlung wurde der Antrag auf Umgestaltung von den anderen Miteigentümern, die dort selbst nicht wohnten und denen es egal war, mitgetragen. Nur sie stimmte dagegen. Die Frage war nun, musste dieser Beschluss einstimmig herbeigeführt werden? Nur in diesem Fall wäre er anfechtbar.
Gemäß § 22 Abs. 1 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) können bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt.
Da es sich nach meiner Ansicht bei der Erstellung von Stellplätzen um eine solche bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, handelt, reichte ich innerhalb der Monatsfrist Anfechtungsklage gegen den Beschluss ein und wies darauf hin, dass eine allzustimmungspflichtige bauliche Veränderung regelmäßig dann angenommen werde, wenn die Baumaßnahme das optisch ästhetische Gesamterscheinungsbild der Anlage verändert bzw. beeinträchtigt oder aber mit einem Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum verbunden ist.
Zur Umgestaltung der Grundstücksflächen gehören insbesondere Strukturveränderungen wie zum Beispiel Pflasterung (Vgl. Palandt-Bassenge, WEG § 22 Rdz. 2). Auch die Anlage eines Parkplatzes bzw. von Stellplätzen in einem Gartenbereich stellen eine bauliche Veränderung dar (Vgl. H. Grziwotz in Erman, BGB Kommentar, § 22 WEG Rz. 12).
Da die Parkplätze direkt hinter der Wohnung meiner Mandantin entstehen sollten, argumentierte ich, sei dieser die Verwendung dieser beiden Sondernutzungsflächen als Parkflächen nicht zumutbar. Das Befahren der Zuwegung und die Nutzung der Garagen seien bereits jetzt immer mit Unruhe und Lärm verbunden, und zwar rund um die Uhr. Die gewünschten Parkplätze liegen nur wenige Meter von dem Schlafzimmerfenster entfernt. Meine Mandantin habe sich seinerzeit und hauptsächlich deshalb für die Wohnung entschieden, weil sie nach hinten hinaus liegt, relativ ruhig und fern vom Straßenlärm liegt. Dieser Umstand ist als wertvoll und Wert erhaltend anzusehen. Das Türenschlagen, die Motorengeräusche zusätzlicher rangierender Autos, verbunden mit den Geräuschen der Nutzer muss sie nicht hinnehmen.
Das Amtsgericht Tostedt folgte meiner Argumentation und hob mit Urteil vom 13.5.2015 AZ: 5 C 195/14 den Beschluss auf.
Es lohnt sich daher, Beschlüsse auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen und ggf. zeitnah, d.h. einen Monat nach Beschlussfassung durch Einreichung einer Klage anzufechten.
© Rechtsanwältin Pirko Silke Lehmitz