Immer mehr Menschen greifen zum Handy, um Situationen zu filmen. Sie versprechen sich davon, etwas als Beweis zu sichern, doch sind solche Aufnahmen überhaupt erlaubt und dürfen sie vor Gericht verwendet werden?
Im vorliegenden Fall stritten Vermieter und Mieter miteinander. Auslöser war eine behauptete Lärmbelästigung. Der Streit wurde lautstark geführt, als der Vermieter sein Handy herausholte und begann, meinen Mandanten, den Mieter zu filmen. Dieser schrie ihn an, dass er dies unterlassen solle. Der Vermieter kümmerte sich nicht weiter darum, bis der Mieter ihm das Handy aus der Hand schlug. Dann eskalierte die Situation völlig. Der Vermieter erklärte später die fristlose Kündigung und wollte die Filmaufnahmen im Prozess als Beweis einführen, da sie zeigten, wie der Mieter ihn beschimpfte. Er sei zu den Aufnahmen aus Notwehr berechtigt gewesen, da der Mieter ihn verbal angegriffen habe.
Ich beantragte, die Zulassung des Videos als Beweismittel zurückzuweisen, da die Aufnahme gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Mieters erfolgte und somit wegen Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht rechtswidrig war. In der mündlichen Verhandlung führte ich hierzu aus, dass ich auch jedem, der mich mit seinem Handy filmt, dieses aus der Hand schlagen würde, sofern er nicht auf meinen ersten Hinweis das Filmen unterließe. Ich erklärte, dass ich kaum warten werde, bis so ein Video auf Facebook hochgeladen sei, da man ein so veröffentlichtes Video kaum mehr aus dem Netz bekäme.
Das Amtsgericht folgte mir in seiner Entscheidung und lehnte das Video als Beweis ab. Mit dem Fertigen der Aufnahmen habe der Vermieter das Recht des Beklagten auf informelle Selbstbestimmung nach Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG verletzt. Das Recht auf informelle Selbstbestimmung als Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst das Recht am eigenen Bild und sei Ausprägung eines sich an moderne Entwicklungen anpassenden Persönlichkeitsschutzes über personenbezogene Informationen. Dies Recht können zwar durch konkurrierende Grundrechte Dritter eingeschränkt werden, hierzu sei aber eine Interessensabwägung erforderlich. Möglich wäre dies, sofern sich der Beweisführer in einer Notwehrsituation befunden hätte. Das Gericht war jedoch überzeugt, dass die Filmaufnahmen zumindest zunächst als Mittel der Provokation des Beklagten gefertigt wurden. Nach weitgehend übereinstimmenden Aussagen der Zeugen sei die Lage erst eskaliert, nachdem der Vermieter zu filmen begonnen hätte.
Gegen diese Entscheidung legte der Vermieter Berufung ein. Auch das Landgericht Stade bestätige die Auffassung des Amtsgerichts Tostedt, dass die Videoaufnahme des Vermieters zu Recht als Beweismittel nicht zugelassen wurde. Ein überwiegendes Interesse, das den Grundrechtseingriff rechtfertigen könnte, sei nicht festzustellen.
Filmaufnahmen mit dem Handy sind demnach nur in den engen Grenzen einer Notwehrsituation zulässig und in dessen Folge auch vor Gericht als Beweismittel zugelassen.
© Rechtsanwältin Pirko Silke Lehmitz
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